LBB

Treffen der Beauftragten von Bund und Ländern in Hannover

"Inklusive Bildung muss endlich umgesetzt werden!"

Ausgabejahr 2018
Datum 23.06.2018

Die Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange von Menschen mit Behinderungen fordern bei ihrer 55. Konferenz am 21. und 22. Juni 2018 in Hannover mit Nachdruck den Bund, die Bundesländer sowie die Kommunen auf, inklusive Bildung endlich deutschlandweit umzusetzen.

„Inklusive Bildung bezieht sich nicht nur auf die vorschulische und schulische Bildung. Auch berufsbildende Schulen sowie das lebenslange Lernen müssen inklusiv gestaltet sein“, so Petra Wontorra, Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen und Gastgeberin der 55. Konferenz.

Ministerpräsident Stephan Weil führt zu Beginn der Konferenz aus, dass mit dem „Niedersächsischen Aktionsplan Inklusion 2017/2018“ die Grundlage dafür gelegt ist, die Inklusion in Niedersachsen umfassend zu verwirklichen. „Der Aktionsplan Inklusion ist in einem bundesweit einzigartigen partizipativen Verfahren in Niedersachsen entwickelt worden“, so Weil. Unter Einbeziehung der Behinderten- und Sozialverbände und der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen ist ein umfassender Maßnahmenkatalog aufgestellt worden, der laufend unter Berücksichtigung von Vorschlägen aus dem Kreis der Behindertenverbände und von Einzelpersonen weiterentwickelt wird. In diesem Zusammenhang sprach Ministerpräsident Weil der Niedersächsischen Beauftragten für Menschen mit Behinderungen, Frau Wontorra, seinen herzlichen Dank für deren engagierte und konstruktive Zusammenarbeit bei der Fortentwicklung der Inklusion in Niedersachsen aus.

Der Behindertenbeauftragte des Bundes, Jürgen Dusel, berichtet aus Berlin und untermauert die Wichtigkeit von inklusiver Bildung: „Deutlich mehr Kinder mit Behinderungen müssen die Chance bekommen, eine Regelschule zu besuchen. Dabei ist auch der soziale Aspekt wichtig: Die Schülerinnen und Schüler lernen von Anfang an einen selbstverständlichen und alltäglichen Umgang miteinander. Davon profitieren alle, denn nur so wird der richtige Grundstein für die gesamte Bildungs- und Berufslaufbahn und eine inklusive Gesellschaft gelegt.“

Ute Erdsiek-Rave, ehemalige Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein und Vorsitzende des Expertenkreises Inklusive Bildung der Deutschen UNESCO Kommission, Dr. Helga Seel, Geschäftsführerin der BAR, sowie Dr. Valentin Aichele, Leiter der Monitoringstelle bringen weitere wichtige Impulse in die Konferenz ein. Prof. Dr. Rolf Werning stellt Herausforderungen für Inklusion in Schule und Unterricht aus wissenschaftlicher Perspektive vor. Oswald Nachtwey (IGS List) berichtet mit zwei Förderschullehrerinnen aus der Praxis. Die Qualifizierung zu Bildungsfachkräften von ehemals Werkstattbeschäftigten für Universitäten und Hochschulen stellen der Bildungsfachreferent Horst-Alexander Finke und Barbara Mayrhofer vom Kieler Institut für Inklusive Bildung vor. Der aktuelle Austausch zum Stand der Umsetzung des Bundesteilhabegesetz und Gesetzesvorhaben im Bund und den Ländern sowie die stetige Vernetzung zwischen den Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen der Bundesländer und dem Bundesbehindertenbeauftragten stehen ebenfalls auf dem straffen Programm.

Die Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen und der Bundesbehindertenbeauftragte mahnen an, dass das Recht auf inklusive Bildung in Deutschland nicht ernst genug genommen wird. Sie sind sich einig: Positive wissenschaftliche Erkenntnisse und Umsetzungsstrategien finden zu wenig Eingang in politische Entscheidungsprozesse. Das Recht auf gute lebenslange Bildung werde nicht ausreichend umgesetzt.

Wontorra fasst zusammen: „Es geht nicht um das „ob“ bei inklusiver Bildung, sondern um das „wie“ bei der Ausgestaltung und Umsetzung von Inklusion im gesamten Bildungsbereich.“ Die Beauftragten appellieren: „Zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention gibt es kein zurück und keine Pause für Inklusion. Wir brauchen Mut und Ausdauer für ein inklusives Bildungssystem. Es geht um unsere Zukunft als inklusive Gesellschaft.“

Die Beauftragten fordern mit ihrer Hannöverschen Erklärung unter anderem:

  • … eine rechtliche Verankerung der Umsetzung von Inklusion in den Bildungsgesetzen.
  • … die Ausstattung aller Bildungseinrichtungen mit den für eine gelingende Inklusion erforderlichen personellen und sächlichen Ressourcen.
  • … eine offene, zugewandte und inklusiv ausgerichtete Haltung und Grundeinstellung beim Entscheiden und Handeln.
  • … grundsätzlich interdisziplinäres Personal an allen Bildungseinrichtungen.
  • … eine umfassende barrierefreie Ausgestaltung von (vor-)schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen.
  • … qualifizierte Fachkräfte im Bildungssystem für alle Beeinträchtigungen wie autismusspezifische Kenntnisse.
  • …Inklusionspädagogische Seminare als Pflichtfächer für alle Lehrerinnen und Lehrer und deren Festlegung im Curriculum sowie praktische Erfahrungen mit inklusivem Unterricht im Vorbereitungsdienst (Referendariat).
  • … Bildungsreferentinnen und Bildungsreferenten mit Behinderungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache in der Lehre an allen pädagogischen Fakultäten zu verankern.
  • … Integrationshelferinnen und -helfer zu qualifizieren und organisatorisch an den Schulen zu integrieren, um bedarfsgerechte Unterstützung am Ort des gemeinsamen Lernens zu gewährleisten.
  • … eine enge Zusammenarbeit mit der Wissenschaft, sodass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Umsetzung von Inklusion im Bildungswesen in der Praxis etabliert werden.

Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen des Bundes und der Länder sowie Referentinnen und Referenten Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen des Bundes und der Länder sowie Referentinnen und Referenten Quelle: Urheberrechtlich geschützt, LBB 2018

Von links nach rechts: Dr. Helga Seel (Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Frankfurt) Sandra Stein (Referentin der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, Niedersachsen) Jürgen Dusel (Beauftragter des Bundes für die Belange von Menschen mit Behinderungen) Adrian Maerevoort (Beauftragter der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen, Sachsen-Anhalt) Dr. Valentin Aichele (Leiter der Monitoringstelle, Berlin) Ute Erdsiek-Rave (UNESCO/ehemal. Bildungsministerin Schleswig-Holstein) Petra Wontorra (Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, Niedersachsen) Miroslawa Müller (Büro Beauftragter der sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen) Ayshe Oluk (Referentin der Beauftragten der Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, Hessen) Klaus Becker (Leiter des Hamburger Inklusionsbüros / Stellvertreterin der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen, Hamburg) Maren Müller-Erichsen (Beauftragte der Landesregierung für Menschen mit Behinderungen, Hessen) Christine Braunert-Rümenapf (Beauftragte für Menschen mit Behinderungen, Berlin) Dirk Mitzloff (Stellvertreter des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, Schleswig-Holstein) Ingrid Körner (Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen, Hamburg) Oliver Maria Kaiser (Referent beim Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern) Irmgard Badura (Behindertenbeauftragte der Bayrischen Staatsregierung) Stephanie Aeffner (Behindertenbeauftragte des Landes Baden-Württemberg) Eberhard Strayle (Referent der Behindertenbeauftragten des Landes Baden-Württemberg) Iris Bost (Büro der Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Saarland) Joachim Steinbrück (Landesbehindertenbeauftragter Bremen) Markus Lorenz (Stellvertreter des Beauftragten für Menschen mit Behinderung, Thüringen) Kai Steuck (Referent des Landesbehindertenbeauftragten Bremen) Matthias Rösch (Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung, Rheinland-Pfalz) Mareike Schimmelpfennig (Referentin der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Nordrhein-Westfalen) Dr. Vanessa Marlog (Referentin des Beauftragten des Bundes für die Belange von Menschen mit Behinderungen) Prof. Dr. Rolf Werning (Leibniz Universität Hannover) Matthias Crone (Bürgerbeauftragter des Landes Mecklenburg-Vorpommern)

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