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Gemeinsame Stellungnahme

der Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen zum Diskussionsentwurf zur Stärkung barrierefreie Medienangebote und zur Umsetzung des European Accessibility Act (EAA) vom November / Dezember 2020 der Rundfunkkommission der Länder
08.01.2021

Die Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen begrüßen die verbesserten Regelungen zur Barrierefreiheit im vorliegenden Diskussionsentwurf. Gegenüber dem Referentenentwurf vom Juni 2020 werden die Umsetzung der Barrierefreiheit und die Rechte der Menschen mit Behinderungen auf gleichberechtigte Kommunikation entsprechend des Art. 21 der UN-Behindertenrechtskonvention stärker im Medienstaatsvertrag (MStV) verankert.

Um umfassende und gleichberechtigte Teilhabe an Medienangeboten für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten, sind allerdings weitergehende und verbindlichere Regelungen im Medienstaatsvertrag zu treffen. Dazu schlagen wir folgende Ergänzungen vor:

Barrierefreie Nutzung grundsätzlich ohne Hilfsmittel gewährleisten
(Begriffsbestimmungen § 2 Abs. 2 Pkt. 30 MStV)

Der Verweis auf behinderungsbedingte notwendige Hilfsmittel kann in der vorgeschlagenen Formulierung als Voraussetzung für eine barrierefreie Nutzung eines Angebotes missverstanden werden. Dies entspricht nicht der Definition von Barrierefreiheit nach dem Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (§ 4 BGG). Unser Formulierungsvorschlag ist:

„30.) ein barrierefreies Angebot ein Angebot, das für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar ist. Eine besondere Erschwernis liegt auch dann vor, wenn Menschen mit Behinderungen der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert oder erschwert wird.“

Modifizierung der Allgemeinen Grundsätze
(§ 3 Satz 2 MStV)

Die vorgeschlagene Formulierung, dass die Angebote Diskriminierung entgegenwirken sollen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Im Zuge einer Änderung des § 3 MStV sollte jedoch auch die Möglichkeit genutzt werden, die Selbstbestimmung eines Menschen in die Liste der zu achtenden Rechtsgüter aufzunehmen. Zudem ist gezielte Bewusstseinsbildung als ein Mittel zum Abbau von Diskriminierungen und Vorurteilen explizit zu benennen (vgl. Art. 8 der UN-Behindertenrechtskonvention). Unser Formulierungsvorschlag für § 3 Satz 2 MStV ist:

„Die Angebote sollen dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit, Selbstbestimmung und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinungen anderer zu stärken und Diskriminierungen insbesondere durch gezielte Bewusstseinsbildung entgegen zu wirken.“

Ausweitung barrierefreier Angebote verbindlich festlegen
(Barrierefreiheit - § 7und § 21 MStV)

Die Ausweitung barrierefreier Angebote ist nachzuweisen und deren Weiterentwicklung konkret und verbindlich festzulegen. Deshalb soll die Einschränkung „sollen“ in § 7 Abs. 1 MStV durch ein verbindlicheres „gewährleisten“ ersetzt werden. Dies entspricht auch der Regelung für die Telemedienanbieter in § 21 Abs. 1 MStV.

Ergänzt werden sollte eine Fristsetzung für die Umsetzung von Barrierefreiheit, um einen Wettbewerb nach unten und ein hinauszögern bei der Verpflichtung zur Barrierefreiheit für die Anbieter zu vermeiden. Eine Frist von 10 Jahren ist angemessen, da auch weitere technische Entwicklungen zu erwarten sind, welche die barrierefreie Gestaltung von Medienangeboten erleichtern wird.

„Dabei müssen barrierefreie Angebote auch im linearen Angebot zum Standard werden. In einem ersten Schritt werden ab xx.xx.xxxx alle Nachrichtensendungen sowie Informationsangebote im Umfeld von Wahlen und Gefahrenlagen linear zumindest mit Untertitelung und Dolmetschung in Deutscher Gebärdensprache ausgestrahlt.“

Ergänzung am Ende von § 7 Abs. 1: „Spätestens zum 01.01.2031 sind alle Angebote barrierefrei zu gestalten. Das gilt auch für Telemedienanbieter.“

Insbesondere für die Bereiche

  • Untertitelung
  • Audiodeskription
  • Gebärdensprachdolmetschung
  • Übersetzung in Leichte Sprache

sind Entwicklungsziele bis zur vollständigen Barrierefreiheit in Maßnahmen- und Zeitplänen in den Berichten nach § 7 Abs. 2 MStV zu nennen und nachzuweisen. Das gleiche gilt für Telemedienanbieter nach § 21 MStV. Eine Untergrenze für den Einsatz finanzieller Ressourcen für Maßnahmen zur Barrierefreiheit ist festzulegen.

Einrichtung einer Kommission zur Durchsetzung der Maßnahmen

Zur Begleitung und Durchsetzung der Maßnahme- und Zeitpläne für Barrierefreiheit ist eine Kommission aus Organisationen der Menschen mit Behinderungen und einer Vertretung der Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen einzurichten. Die Kommission soll berechtigt sein, bei Verstoß gegen die Verpflichtungen zur Umsetzung der Barrierefreiheit Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 115 MStV in die Wege zu leiten.

Benutzeroberflächen barrierefrei gestalten (§ 21 und 30 MStV)

Neben den elektronischen Programmführern (EPG) sind Benutzeroberflächen ebenfalls barrierefrei zu gestalten, die den Zugang und die Auffindbarkeit von Medienangeboten für die Nutzerinnen und Nutzer ermöglichen.

Barrierefreiheit von Telemedienangeboten umfassend barrierefrei gestalten
(§ 30 MStV)

Für Telemedienangebote der Rundfunkanstalten soll das Ziel festgelegt werden, umfassende Barrierefreiheit herzustellen. Als Formulierung für § 30 Abs. 4 MStV schlagen wir vor:

„Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio bieten ihre Angebote in umfassend barrierefrei zugänglichen elektronischen Portalen an und fassen ihre Programme unter barrierefreien elektronischen Programmführern zusammen.“

Beschwerdestellen ausbauen und Sanktionen für Menschen mit Behinderungen ermöglichen

Die zentrale Anlaufstelle für barrierefreie Angebote (ZABA) soll für die Nutzerinnen und Nutzer von Medienangeboten durch ein Schlichtungsverfahren (am besten zentral bei der Schlichtungsstelle des Bundesbehindertenbeauftragten) ergänzt werden und nicht nur den Kontakt zu den Medienanbietern herstellen. Für die Landesrundfunkanstalten können die vorhandenen Schlichtungsstellen in den Ländern zuständig sein, deren Aufgabengebiet für diese Schlichtungsverfahren erweitert wird. Dabei sollen auch individuelle Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Die Schlichtungsstellen sind personell und finanziell entsprechend auszustatten.

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